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Tag 5 der Campus Akademie 2017: Ethische Verantwortung und soziales Engagement

Tagebucheintrag

Am Donnerstagmorgen schaute Herr Dr. Luckhaupt, Chefarzt der HNO-Klinik in Dortmund, in 20 junge, müde Gesichter mit der Aufgabe, einen Vortrag über Medizinethik zu halten. Über diese Schüler wusste er bisher nur zwei Dinge:

1. Sie müssen verrückt genug sein um eine Woche ihrer lang ersehnten Sommerferien zu opfern;

2. ihre Gesichter sehen verdammt müde aus.

Tja, scheinbar, so dachte er, würde das ein entspannter Morgen, auf jeden Fall entspannter als ein Morgen im Krankenhaus, denn schließlich liebte er es anderen Leuten etwas beizubringen.

Entspannt und selbstsicher begann er seinen Vortrag zunächst mit einer generellen Definition von Ethik. Weiter ging es mit Bereichen, die für die Medizinethik wichtig sind, unter anderem Verteilungsungerechtigkeit bei Organspenden, künstliche Intelligenz und das vielfach diskutierte Thema aktive Sterbehilfe. Schnell stellte er fest, dass viele dieser müden Gesichter immer wacher wirkten und er die Denkprozesse der Jugendlichen fast bildlich vor Augen sah. Es dauerte nicht lange und die ersten Fragen wurden gestellt und zwar nicht nur oberflächliche Fragen, sondern »echte« Fragen, die zeigten, wie interessiert diese Jugendlichen waren. Beeindruckend, das hätte er nicht gedacht, aber gut, dann würde es wohl nicht so entspannt und leicht für ihn bleiben, dafür aber bestimmt interessant. 

Langsam machte es ihm so richtig Spaß, und endlich kam im Vortrag auch sein Schwerpunkt in Sicht, er sprach über die Wichtigkeit von menschlichem Kontakt und menschlicher Betreuung für den Patienten. Das Thema Sterbehilfe schien die Jugendlichen sehr zu beschäftigen, daher gab es viele Fragen, die er mit Freude beantwortete. Die Zeit flog nur so dahin, und bald musste Herr Dr. Klasvogt unterbrechen, da das Mittagessen anstand. Schade, gerne wäre der Chefarzt noch geblieben, denn von dem ganzen Reden hatte er großen Hunger bekommen. Ihm war klar, dass er, erstmal im Krankenhaus angekommen, wohl keine Chance mehr bekommen würde etwas zu essen, denn seine Patienten zählten auf ihn, und er wollte sie natürlich nicht warten lassen. 

Also machte sich Herr Dr. Luckhaupt, nachdem er ein kleines Buch und einen großen Applaus als Dankeschön für seinen Vortrag erhalten hatte, im Eilschritt auf den Weg nach Dortmund, um seinen Patienten die bestmögliche und ethisch einwandfreie Behandlung zu gute kommen zu lassen, die sie verdienten. 

Währenddessen begaben sich 20 mittlerweile doch recht wache Jugendliche auf den Weg ins Akademie-Restaurant. Auf dem Weg unterhielten sie sich angeregt über das zuvor Erfahrende und allen war klar: Herr Dr. Luckhaupt war ein hervorragender Referent, den sie so schnell nicht vergessen würden.

Nach dem Mittagessen war Paul Stapel bei uns zu Besuch. Er berichtete über sich und seinen bisherigen Lebenslauf, wie und warum er sich zum Glauben bekannte und schließlich von der »Fazenda da Esperança«. Diese Organisation wurde vor über 30 Jahren in Brasilien von einer Gruppe engagierter Jugendlicher mit starken Problemen im Alltag und dem Pfarrer Frei Hans Stapel gegründet. Die Jugendlichen bauten zu dem Zwillingsbruder von Paul Stapel Vertrauen auf und konnten auf diese Weise einem Leben mit Drogen, Gewalt und in Armut entkommen. Aus einer einzelnen Gemeinschaft wurden heute über 180 Fazenda-Gemeinschaften, in denen aktuell ca. 3000 junge Menschen leben.

Paul Stapel unterstützt diese Organisation und hilft dabei, weitere Gemeinschaften zu gründen. Durch dieses starke Engagement war es für uns klar, dass er viele schlimme Situationen erlebt haben muss. Also fragten wir, was ihn an seinem Glauben festhält. Paul Stapel begann, von seinen Zielen zu erzählen: Er versucht, nach dem Evangelium zu leben. Er konnte uns einige Beispiele nennen, in denen er sehr positive Erfahrungen damit gemacht hat. Er erzählte von einem Überfall auf ihn in seinem Haus. Einige maskierte Männer versuchten, ihn auszurauben und hätten dafür seinen Tod in Kauf genommen. Doch anstatt sich zu verstecken und nichts zu tun, erinnerte sich Paul Stapel an sein Lebensziel. Also fasste er Mut und bot den Tätern tatsächlich Saft an. Einige Tage später rief einer der Täter bei ihm an, entschuldigte sich und versprach, sein Leben zu ändern.

Diese Geschichte löste bei uns eine starke, positive Reaktion aus und einige waren sehr berührt. Wir wollten wissen, wie man es schafft, so auf Gott zu vertrauen. Paul Stapel erzählte von vielen weiteren Erfahrungen, in denen er durch Beten und Vertrauen auf Gott in seinem Glauben gefestigt wurde.

Am Schluss vermittelte Paul Stapel seine abschließende Botschaft, dass man durch positives Handeln und das Bitten an Gott von ihm erhört wird und dass Gott für alle Menschen da ist.

Nach dem Abendessen freuten wir uns sehr, Lukas Trötzer, Teilnehmer der allerersten Campus Akademie und Mitbegründer der Campus Weggemeinschaft e. V., als unseren Referenten begrüßen zu dürfen. Zunächst diskutierten wir angeregt darüber, was Philanthropie und Philanthropen eigentlich auszeichnet, wobei wir aber kurz darauf auch bedachten, kritisch zu reflektieren, inwiefern philanthropische Organisationen und Stiftungen nur positive oder vielmehr auch negative Effekte und Phänomene mit sich brächten.

Daraufhin konkretisierte Lukas die Philosophie und Ziele der Organisation Porticus, bei welcher er Grant Manager ist und zeigte uns am Beispiel seines Arbeitsfeldes der Migration in Deutschland auf, wie es gelingen kann, von der Wahrnehmung eines Problems zu einem differenzierten und dem Umfang der Problematik angemessenen Lösungsansatz zu gelangen.

Bei diesem Abend der Diskussionen und auch Auseinandersetzungen mit dem aktuellen Thema der Migration auf der einen Seite und abstrakteren Fragen wie jener nach Bedeutung und Erscheinung der Philanthropie auf der anderen Seite, gefiel es uns besonders gut, mit einem Referenten aus »den eigenen Reihen« diskutieren zu können. (Wie so oft) erfüllt von vielen, vielen neuen Eindrücken ließen wir den Abend gemütlich ausklingen.

 

(Katharina Englisch, Sophie Hartwig, Anna Müller, Fabian Kühnel, Thomas Oelke, Benedikt Wüllner)