Es war dieser kleine Spielzeugwagen auf der völlig zerstörten Straße in Swisstal, der in diesem ganzen schrecklichen Chaos nach der Flutkatastrophe meine Aufmerksamkeit auf sich zog und als Symbol für die Situation stand: gleichzeitig gerettet und doch völlig verloren. Und es war der Auslöser für meine Tränen über dieses unvollstellbare Leid der Menschen, das innerhalb eines Starkregentages über sie hereingebrochen war.
Letzte Woche Freitag fuhr ich zusammen mit zwei Freunden von Köln aus los, um als Freiwillige »irgendwie helfen« zu können – Freunde von uns hatten erzählt, dass Bekannte in Swisstal unmittelbar betroffen waren. Schon bei der Einfahrt in das Dorf türmten sich zu beiden Seiten Gebirge von Sperrmüll auf, die stündlich um einige Meter anwuchsen. Und dann hatten wir auch bereits diesen eigenartigen Geruch aus einer Mischung von Benzin, Moder und Verwesung in der Nase – ein »Duft«, der uns den ganzen Tag begleiten sollte. Wir machten uns in der Ortsmitte bei der Leitstelle kundig, in welcher der Straßen besonders Hilfe benötigt würde und zogen dann bepackt mit Eimern, Schaufeln und Besen los.
Vor jedem noch stehenden Haus waren Menschen mit dem Ausräumen beschäftigt: Auch hier türmte sich in den schlammigen Straßen der Sperrmüll zu beiden Seiten, Technisches Hilfswerk, Polizei, Bundeswehr und freiwillige Helfer transportieren diesen ständig mit Lkws und Hängern ab. Bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass es eben nicht nur Sperrmüll war, sondern dass hier die gesamten »Innereien« eines Hausstands, von technischen Geräten über Möbelstücke, Büroeinrichtungen bis hin zu privaten Erinnerungsstücken, entsorgt werden mussten…
Den Menschen, denen wir unsere Hilfe anboten, nahmen uns ungemein herzlich auf und waren dankbar für unseren Einsatz. Eine Frau, bei der ich an dem Tag sehr viel half, sagte mir zwischendurch, dass es für sie zunächst auch gar nicht so einfach war, sich helfen zu lassen – auch das koste erstmal Überwindung, genauso wie das Helfen. Neben dieser neuen Einsicht war ich überwältigt von der Hilfsbereitschaft und dem Teamgeist aller, die an diesem Tag in dem Ort mit angepackt haben: so eine große solidarische Geste und gemeinschaftliche Tatkraft habe ich vorher noch nie erlebt!
Der unglaubliche organisatorische und körperliche Einsatz aller, um den Ort und seine Bauten für Menschen wieder als Heimat bewohnbar zu machen, war das Eine, das mich sehr beeindruckt hat. Aber noch mehr haben mich die betroffenen Menschen in ihrer Not sprachlos gemacht: Trotz fehlendem Strom, Trinkwasser, und Schlamm, Dreck und Gestank überall, luden sie uns zu Kaffee und Kuchen ein und waren froh, da sie die Katastrophe überlebt hatten. Man musste nur einfach zwischendurch beim Räumen mal innehalten und zuhören: sich die unfassbaren Geschichten der Flutkatastrophe von Evakuierung und angeschwemmten Kinderleichen erzählen lassen – auch das ist eine Form der Hilfe, vielleicht sogar die wesentlichere.
Am Schluss bleibt der kleine Spielzeugwagen im Dreck als Zeugnis für das Untergegangene – und als Hoffnungsschimmer für den Wiederaufbau und ein neues Bewusstsein der Menschen für den Umgang miteinander und vor allem mit den Kräften und Ressourcen der Natur.