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Schwerter Arbeitskreis Katholizismusforschung

36. Jahrestagung
Die Jahrestagung des Schwerter Arbeitskreises bildet ein offenes Forum, das Forscherinnen und Forschern verschiedener Disziplinen die Möglichkeit bietet, neue Projekte und Fragestellungen in der Katholizismusforschung in kollegialer Atmosphäre zu diskutieren.

Im Mittelpunkt stehen wie gewohnt die Vorstellung und Diskussion laufender Arbeiten zur historischen Katholizismusforschung vom 19. bis ins 21. Jahrhundert. Besonders Forscher*innen, die im Kontext von Qualifikationsschriften (Master-, Diplom-, Magisterarbeiten, Dissertationen und Habilitationen) arbeiten, sind herzlich eingeladen, ihre Projekte vorzustellen und Themenvorschläge einzureichen. Die Projektvorstellungen können unabhängig vom Thema der Generaldebatte aus der ganzen Breite der Katholizismusforschung stammen.

Am Sonntagvormittag widmet sich die Jahrestagung im Rahmen der Generaldebatte traditionell einem spezifischen Thema der Katholizismusforschung, zu dem nachfolgend erste Hinweise gegeben werden. Das Thema lautet in diesem Jahr:

Doing gender catholically? (Körper)Praktiken und Prozesse der sozialen Konstruktion von Geschlecht im Katholizismus

In der (kirchen-)historischen Forschung rücken (Körper)Praktiken und Prozesse der sozialen Konstruktion von Geschlecht zunehmend in den Fokus: Aktuell wird unter anderem der Umgang von Katholik:innen mit der kirchlichen Sexualmoral untersucht, beispielsweise in Bezug auf Praktiken der Empfängnisverhütung. Dabei liegen den abstrakten Normen und tatsächlichen Praktiken konkrete Körperbilder und Geschlechterrollen zugrunde. Darüber hinaus steht die Aufarbeitung der Missbrauchsskandale im Bereich der Kirche - d. h. sowohl der Taten selbst als auch des innerkirchlichen Umgangs mit diesen - im Fokus mehrerer Forschungsgruppen. Dabei werden auch Aspekte der Geschlechterkonstruktionen, insbesondere der zölibatären Priester, und von Normerwartungen an geschlechtertypisches Verhalten, die Missbrauch möglicherweise begünstigten und als »typisch katholisch« gelten können, thematisiert.

Zugleich war und ist der Gender-Begriff in Teilen der katholischen Kirche weiterhin umstritten. Nicht nur in Lehrschreiben, auch von katholischen Vertreter:innen des »Anti-Genderismus« wird die soziale Konstruktion von Geschlechteridentitäten und -konstruktionen bis heute in Frage gestellt. So werden die Einschränkungen von Rechten von Menschen, die sich nicht-binär oder nicht heteronorm einordnen, sowie von Akteur:innen und Aktivist:innen der LGBTIQ+-Bewegung in verschiedenen Ländern gegenwärtig auch christlich begründet und zum Teil von der katholischen Kirche unterstützt. Die Segnung homosexueller Paare ist bis heute seitens des Vatikans verboten - wenn auch viele Gläubige und Seelsorger:innen in Deutschland dies anders sehen und entsprechend handeln. Dabei zeigt sich, dass das Festhalten des Lehramtes an einer normativ gesetzten Trennung von Mann und Frau, die alle sich nicht in dieses binäre Schema einordnenden Menschen diskriminiert, sowie an »stereotypen Gender-Containern« zunehmend in Konflikt mit dem gender doing im Alltagsleben vieler Katholik:innen stand und steht, das sich in der Praxis diverser und pluraler gestaltet.

Vor diesem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in Gesellschaft, Kirche und Forschung widmen wir uns in der Generaldebatte dem Thema »(Körper)Praktiken und Prozesse der sozialen Konstruktion von Geschlecht im Katholizismus« in historischer Perspektive. Dabei möchten wir den Fragen nachgehen, wie sich geschlechtliche Rollenmodelle im Katholizismus im 19. und 20. Jahrhundert ausprägten, differenzierten und wandelten sowie welche Konflikte dabei auftraten - etwa zwischen amtskirchlicher Weisung und Alltagshandeln der Gläubigen, aber auch zwischen diversen Gruppierungen innerhalb der katholischen Welt. Wir fragen danach, welche spezifisch (?) katholischen Geschlechterbilder, (Körper)Praktiken und sozialen Prozesse geschlechtliche Konstruktionen und Identitäten entstehen ließen, reproduzierten oder in Frage stellten. Welche Rolle spielten Religion, Frömmigkeitsformen, katholische Lebensführung sowie die Institution Kirche bei der sozialen Herstellung von Geschlecht sowie in der historischen Entwicklung jener Bedeutungszuschreibungen?

Für die Diskussion dieses Themas konnten wir Alina Potempa (Berlin) und Regina Heyder (Mainz) als Referentinnen gewinnen. Alina Potempa wird eine emotionsgeschichtliche Lesart der biopolitischen Debatten rund um die Enzyklika Humanae vitae im deutschen Katholizismus vorstellen, bei der Praktiken der Geschlechtskonstruktion eine entscheidende Rolle spielen. Auf der Quellengrundlage autobiografischer Berichte wird Regina Heyder einen Einblick in die Erforschung von Geschlechterkonstruktionen im Kontext des Missbrauchs an erwachsenen Frauen in der Katholischen Kirche geben.

Tagungsleitung:
Dr. Sarah Thieme und Dr. Martin Belz, Schwerter Arbeitskreis Katholizismusforschung
Dr. Markus Leniger, Katholische Akademie Schwerte

Teilnahmebeitrag pro Person:
- inkl. Verpflegung und Unterkunft: 110 (55) €

Die Beiträge für Teilnehmende, die Ermäßigungen in Anspruch nehmen können, stehen in Klammern. Ermäßigungen sind vorgesehen für: in Erstausbildung Stehende und Studierende (bis zum 35. Lebensjahr), Bundesfreiwillige, Bezieher von Arbeitslosengeld (I und II) und Sozialhilfe.

Teilleistungen, die nicht in Anspruch genommen werden, können nicht abgezogen werden, weil die Berechnungen auf einer Pauschalkalkulation beruhen.

Ausfallkosten:
- bei Rücktritt 13 bis 2 Tage vor Veranstaltungsbeginn: 80 %
- bei späterem Rücktritt/Nichtteilnahme/vorzeitigem Beenden der Teilnahme: 100 %

Stornierungen sind ausschließlich an das zuständige Tagungssekretariat zu richten und bedürfen der Schriftform.